In den Medien hören wir mittlerweile häufig von Vorfällen, wobei ein oder mehrere Hunde Babys oder Kinder gebissen haben. Nun stellt sich die Frage, ob es nicht doch zu gefährlich ist, Kinder und Hunde zusammen zu bringen oder gar gemeinsam mit ihnen zu leben.
Unsere Hunde stammen vom Wolf ab und sind ebenso wie diese hochsoziale Lebewesen mit gutorganisierten Familienverbänden, die sich wichtige Aufgaben teilen. Dies sind gute Voraussetzungen für das Zusammenleben mit uns Menschen. Die Geschichte zeigt es auch: Die Domestikation liegt ca. 14.000 Jahre zurück und seither arbeiten und leben Mensch und Hund zusammen, auch mit unseren Kindern.
Hunde spielen oftmals Babysitter und sind gute Freunde. Sie sind anwesend, wenn keiner Zeit hat, können stundenlang geduldig zuhören und beschweren sich nicht über schlechte Schulnoten und wirken in manchen Situationen sehr tröstlich. Hunde haben ebenso eine große Bedeutung in Zusammenhang verschiedenster Therapien, werden in Schulen oder Kindergärten eingesetzt oder zeigen den Eltern beispielsweise lebensbedrohliche Krämpfe ihrer Babys an.
Unsere vierbeinigen Freunde dürfen nicht als bösartiger Wolf, Rex oder Lassie missbraucht werden. Sie sind wichtige, hoch soziale Lebewesen mit vielen Fähigkeiten, welche uns und unseren Kindern sehr nützlich sein können. Dies bestätigen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Hunde geben Sicherheit und Nähe und vermitteln das Gefühl, akzeptiert und verstanden zu werden.
Dennoch sind Hunde auch „Raubtiere" und verteidigen Ressourcen, z.B. Futter, Spielzeug, Territorium oder ihre Besitzer. Dies dürfen wir keinesfalls vergessen!
Kleinkinder in ihren sensiblen Phasen reagieren und lernen besonders intensiv ihre Umweltreize kennen und können hierbei schon sehr viel über Hunde lernen. Sie beobachten Tiere, lernen ihre Bewegungen, Kommunikationsmöglichkeiten und Reaktionen kennen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Erwachsene als Vorbild fungieren, Situationen richtig einschätzen lernen und angemessen reagieren, denn Kinder erlernen dieses Verhalten und begegnen Tieren dann ebenso.
Es ist eine große Verantwortung, die wir Erwachsene unseren Kindern gegenüber haben und sie beginnt schon beim Hundekauf - ein Hund aus dem Tierheim oder doch lieber ein Welpe, aber welche Rasse? Jeder Hund ist anders, nicht nur in Aussehen und Größe, denn jede Rasse wurde entsprechend ihrer Aufgaben für den Menschen gezüchtet und besitzt entsprechende Fähigkeiten und Bedürfnisse. Werden wir diesen nicht gerecht, kann es in einem Desaster enden. Auch die Sozialisierung des Welpen und Junghundes ist wichtig. Welpen müssen bis zu ihrer 8. Lebenswoche den Menschen in allen Facetten kennen lernen, vom Baby bis zu Oma und Opa, sonst können sich später Probleme entwickeln und kein wirkliches Vertrauensverhältnis entstehen. Es ist ebenso bedeutsam, dass der Welpe schon in seiner Geburtsstätte alle möglichen akustischen und optischen Reize kennenlernt, damit er in seinem späteren Zuhause ein selbstsicherer und ausgeglichener Hund werden kann und dem Tohuwabohu kleiner Kinder gewachsen ist.
Leben Hund und Mensch nicht in enger Gemeinschaft beisammen, können bestimmte Bewegungs- und Verhaltensmuster, wie beispielsweise Zappeln, Schreien, Rennen oder auch schwankende Bewegungen das Jagdverhalten des Hundes ansprechen und Beutefangverhalten auslösen. Dies wird zusätzlich verstärkt durch übertriebene Beutespiele, z.B. Spielzeug jagen oder verteidigen. Gemeint ist hierbei nicht das Tragen oder Apportieren von Ball oder anderen Spielzeugen, denn Auslastung ist enorm wichtig, solange der Hund damit nicht übererregt oder unkontrollierbar wird.
Entscheiden Sie sich für einen erwachsenen Hund, z.B. aus dem Tierheim, ist es enorm wichtig zu prüfen, wie er sich in der Umgebung mit Kindern verhält und auf verschiedene Reize reagiert. Ist er unsicher, ängstlich oder gar völlig uninteressiert an Kindern, ist er nicht der ideale Familienhund. Lassen Sie sich bitte für diesen Weg kompetent beraten!
Lebt der Vierbeiner schon vor dem Baby in der Familie, ist auch hierbei Einiges zu beachten. Ein Baby verändert alles - Gefühle, Gewohnheiten, den Alltag, und meist nicht zum Vorteil des Hundes. Durfte er erst auf die Couch, mit im Bett schlafen und genoss alle Aufmerksamkeit, ist plötzlich ein schreiendes Wesen da, welches er nicht begrüßen oder kennenlernen darf, somit gar nicht akzeptieren kann und als Eindringling oder Feind betrachtet.
Die Zeit der Schwangerschaft sollte deshalb genutzt werden, um den Hund an die kommenden Veränderungen zu gewöhnen. Es sollten nach und nach die Regeln so verändert werden, wie sie nach der Geburt des kleinen Erdenbürgers gelten, damit der Hund nicht überfordert wird, z.B. Bettverbot oder Gewöhnung an einen Maulkorb.
Ist das Baby da, ist von Beginn an kontrollierter Kontakt sinnvoll. Gesunde Hunde (geimpft und entwurmt) stellen keine gesundheitliche Bedrohung dar. Der Hund sollte an vielen Aktivitäten mit dem Nachwuchs teilnehmen dürfen, ob bei Spaziergängen mit dem Kinderwagen oder auch beim Stillen oder Wickeln des Babys. Ihr Hund als sozialer Partner wird das kleine Wesen vorsichtig behandeln und schützen. Dennoch sollten Sie immer ein wenig vorsichtig sein, da er eben doch ein Hund ist und auch als solcher agiert, d.h. durch Angst, Schmerz oder Krankheit auch ungewohnte Reaktionen zeigen kann.
Schwieriger wird es, wenn das Baby ins Krabbelalter kommt. Es möchte alles entdecken, auch den Hund mit Nase, Ohren, Augen und Rute. Es weiß noch nicht, was richtig oder falsch ist und wie andere empfinden oder dergleichen. Somit ist der Erwachsene mehr denn je gefragt, aufzupassen, Verantwortung zu übernehmen und den Hund in solchen Situationen zu entlasten und ihm Ruhepausen zu gönnen und das Kind auf andere Dinge lenken.
Von der Aussage „Mein Kind kann alles mit unserem Hund machen“ sollte dringend Abstand genommen werden, denn auch der liebste Hund kann aus Verzweiflung schnappen oder kratzen, wenn er in Bedrängnis ist und sich nicht anders zu helfen weiß. Jeder Hund sollte einen Rückzugsort haben, in dem er sicher Ruhe findet und der für Kinder tabu ist.
„Um eine harmonische Beziehung zwischen Kind und Hund zu ermöglichen, braucht es das nötige Wissen, eine sinnvolle Erziehung des mit Bedacht ausgewählten Vierbeiners sowie permanente Aufmerksamkeit!" (Manuela van Schewick)